Laudatio 26.08.05, Dr. Claus-Peter Böhner, GALERIE BÖHNER

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Künstlerinnen und Künstler, liebe Kunstfreunde; ich darf Sie recht herzlich begrüßen zur Eröffnung der Jubiläumsausstellung „10 Jahre Galerie Böhner“ hier im Mannheimer Signal-Iduna-Business Tower. Diesmal möchte ich Ihnen 10 Künstlerinnen und Künstler aus drei Ländern präsentieren: Deutschland, Österreich und der Schweiz. CARLO CAZALS wurde 1948 in Hamburg geboren, er lebt und arbeitet als bildender Künstler sehr zurückgezogen in Mecklenburg-Vorpommern. Er studierte Kunst, Kunstgeschichte und Literatur in Hamburg, München und Paris. Der Künstler Carlo Cazals, der in dieser Ausstellung mit grafikartigen Mischtechniken vertreten ist, die zweifelsohne einen seriellen Charakter aufweisen, versteht sich als Philosoph, der sich in Bildern artikuliert. Seine Bilder sind keine leichte Kost, dafür lohnenswerte Reiseführer in die eigene Fantasiewelt. Bei näherem Hinschauen dominiert in Cazals teils morbide anmutenden Mischtechniken immer das Schöne, Gute und Humorvolle. Die Zeichnungen sind zumeist literarisch gefärbt. Sie sollen die Hintergründe des menschlichen Daseins beleuchten. Expressionismus, Surrealismus, psychologisch-fantastischer Realismus, Psychogramm, Satire. Aus all dem entwickelte der Künstler Carlo Cazals eine neue Stilrichtung: den Skurillen Irrationalismus. Von gänzlich anderem Ausdruck dagegen sind die Arbeiten der Künstlerin HELGA GLATZ, die 1951 im österreichischen Hartberg geboren wurde, wo sie noch heute lebt und arbeitet. Die gelernte Kunsterzieherin hat bereits zahlreiche Ausstellungen und Messebeteiligungen im In- und Ausland absolviert. Helga Glatz findet den Stoff für ihre Motive in ihrer nächsten Umgebung, in der Arbeit mit jungen Menschen. In der Regel entstehen in Mischtechnik ausschnitthafte Darstellungen einer Momentaufnahme wie zum Beispiel in den Bildern „friends I“ und „friends II“. Diese sind für den Betrachter frei interpretierbar, wobei der Körpersprache und der Farbgebung eine bedeutende Rolle zukommen. Der Friedensforscher Dr. Karl Kumpfmüller bezeichnet die Malerin Helga Glatz als künstlerische Grenzgängerin, die nicht nur versucht das Gegenständliche mit dem Abstrakten zu verbinden, sondern auch die Grenze an sich als Übergang zu einer neuen Erkenntniswelt und einem subjektiven Farbenspiel akzeptiert. CHRISTIAN KLEINER, geboren 1967 in Hindelang, lebt und arbeitet als bildender Künstler in Kaufbeuren. Arbeitsschwerpunkt ist die Malerei. Ab und zu setzt sich Christian Kleiner auch mit der Metallplastik auseinander. Mit seinen farbintensiven und großformatigen Acrylbildern – an dieser Stelle sei nur auf den ‚Wellen-Zyklus’ verwiesen „Blaue Wellen“, „Tiefe Ruhe“ oder „Lebensfreude“ – versucht der Künstler die Fantasie der Zukunft, das Chaos der Gegenwart und die Erinnerung der Vergangenheit bildhaft auszudrücken mit leuchtenden Farben wie Rot, Orange, Gelb, Grün und Blau. Diese Leuchtkraft der Farben unterstreicht den optimistischen Ansatz des Künstlers, dessen unbedingte Lebensbejahung. Christian Kleiner führt in seinen Werken äußere Lebenseindrücke und innere Reflexion zusammen. Hier wird Kunst also als Prozess begriffen, der Inneres und Äußeres miteinander verbindet beziehungsweise in Einklang miteinander bringt. Wie bei Inka Gisela Kellermann bringt es auch bei Christian Kleiner folgender Dreiklang auf den Punkt: außen, innen, Reflexion und damit letztlich zu sich Selbstfinden, das ist der tiefere Sinn und die grundlegende Aussage von Kunst und Werk. JOSEF KRIER, geboren 1958 als Banater Schwabe in Rumänien, lebt und arbeitet als bildender Künstler in Ladenburg. Josef Kriers Werk als solches kann in seiner Gesamtheit als ein Spiegelbild vom Wirken eines inneren Kräftespiels betrachtet werden in der Auseinandersetzung mit dem Leben mit dem Ziel, durch den Malprozess Bewusstsein, Ausgleich, Integration und Selbsterkenntnis zu erlangen im Wandel zwischen Chaos und Ordnung. Das ist auch der Grund, warum Josef Kriers Arbeiten nicht zuletzt auch als Meditationen begriffen werden können. Der Künstler bevorzugt eine spontane Herangehensweise an sein Werk. Immer wieder findet der Betrachter geometrische Grundformen wie den Kreis, das Dreieck oder aber ein Quadrat in den Arbeiten, die durchweg sehr akribisch und akorat in Mischtechnik gemalt sind. Diese Grundformen sind recht vielfältig angelegt und immer wieder abgewandelt und miteinander kombiniert. Im Gegensatz zu den Konstruktivisten, denen es ja gerade auf eine Reduzierung auf die Grundformen ankommt, blitzt in Josef Kriers Bildern immer wieder der spontan und ungeplant geführte Pinselstrich hervor, der gewissermaßen sich aus dem Bauch heraus Bahn bricht und dem nur allzu planerischen und durchweg rationalen Motiv des konstruktivistischen Ansatzes diametral entgegensteht. Oft erscheint in den jeweiligen Arbeiten auch die Spirale als Teil einer Komposition bis hin zu einem Symbol mit eigenem zentralen Charakter. BÄRBEL LAENEN, geboren 1935 in Berlin, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Oberfranken. Seit 1985 intensive Beschäftigung mit der Malerei sowie weitere Techniken wie farbige Klebefolien auf Plexiglas, Enkaustik auf Leinwand, Tuschearbeiten und Mischtechniken. Insbesondere die klassischen Ölfarben als auch die farbigen Klebefolien erlauben durch den Einsatz von kräftigen Farben ausdrucksstarke Motive zu verwirklichen. Je nach Betrachtungsintensität kommen dabei immer wieder neue Einzelheiten zum Vorschein. Die Kombination der klassischen Ölfarben mit dem Untergrund Aluminium resultiert aus einer ganz eigenen Ausstrahlung der Werke, die sich insbesondere durch die Verwendung der Farben Blau oder Schwarz entfaltet. Die Enkaustik-Werke lassen durch den Einsatz dieser speziellen Technik die Dynamik der Natur in Form von Landschaften und Jahreszeiten vollends zum Tragen kommen. Eine zentrale Bedeutung im Werk der Bärbel Laenen spielen die Themen Religion und die Entstehung beziehungsweise die Vergänglichkeit des Lebens auf der Erde bis hin zum Universum. Es seien hier nur die Bilder „Christentum im Wandel der Jahrhunderte“, „Auferstehung“ oder „Urknall“ erwähnt. Bärbel Laenen „malt, um zu malen.“ Die Künstlerin malt also, weil sie malen muss und verfolgt damit keine didaktischen Intentionen. Es geht ihr dabei also mehr um die Sache an sich: Malerei als Experiment oder auch Kunst als Prozess. HANNS LEEB, geboren 1928 in Passau, lebt und arbeitet als bildender Künstler in Landshut. Der Künstler Hanns Leeb versteht sich als Autodidakt. Er kommt vom Expressionismus und hat einen romantisch-poetischen Malstil entwickelt, in welchem er den Seelenzustand und die Intention der Landschaft zu einem kontemplativen Gesamtbild zu vereinen sucht. Nach einer erfolgreichen Periode dieser Landschaftsgestaltungen in Pastell reizte den Künstler Hanns Leeb ein neues Thema, das sich in der Serie „Vernissagen“ niederschlug. Diese gesellschaftskritischen Zeichnungen stellten vor allem die emanzipierte Frau in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Aus dieser Serie ging ein neuer großer Zyklus hervor: „Die geschmückte Frau“. In diesem hat der Künstler versucht, Aktdarstellungen mit Schmuck, Kostümierung, Drapierung, Bemalung usw. zu versehen und dabei eine künstlerische Einheit von Körper und Gestaltung zu erzielen. Durch eine Ausstellung der „Suite Vollard“ inspiriert wurde die Idee geboren, Picasso-Figuren mit den typischen ‚Leeb’schen Figuren“ zu einer neuen Bildgestaltung zu vereinen. Diese „Hommagen an Picasso“ mit Stift und Aquarellfarben feinsinnigst und eher filigran umgesetzt, ob sie nun „Blaues Mädchen“, „Roter Faun“, „Alter Philosoph mit liegender Frau und Plastik“ oder schlicht „Der Bildhauer und das Modell“ betitelt sind, sollen Lebensfreude, Fröhlichkeit und unschuldige Erotik widerspiegeln. Zuweilen beinhalten diese Blätter auch eine subtile, hintergründige Ironie. GEROLD MAIER, geboren 1970 in Eppingen, lebt und arbeitet als bildender Künstler in Mannheim. Die Werke von Gerold Maier zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen besonderen Augenwerk auf die Farbe als solches haben. Zum einen ist gerade die Technik interessant. Sei es nun die mit einem breiten Pinsel oder mit einem Spachtel aufgetragene Farbe, dem Betrachter ist der Entstehungsprozess immer bewusst. Zum anderen sind es aber und gerade die Farben, die in ihrem Eigenwert erstrahlen. Zeigten seine früheren Werke noch eine sehr vielfältige Farbpalette, sehen sie in den hier ausgestellten Werken eine reduzierte Auswahl an Farben. Die Gemälde erstrahlen in ihrem Eigenwert, leuchten einem geradezu entgegen. Als Inspirationsquelle dient Gerold Maier unter anderem die Musik von Tori Amos. Ich weiß nicht, wie viele von Ihnen die Lieder von Tori Amos kennen. Ihre Lieder klingen in sich selbst, sind sehr ruhig und harmonisch und ich denke, dass man einen ähnlichen „Seelenzustand“ beim Betrachten der Bilder von Gerold Maier verspürt. PETER REHBERGER, geboren 1962 in Stuttgart, lebt und arbeitet als bildender Künstler in Freudenstadt im Schwarzwald. Seine Aquarelle – ob „Stilleben“ oder „Farbenspiel“ - zeichnen sich durch eine sprichwörtliche „eruptive“ Kraft aus. Prof. Dr. André Bloch formulierte diesbezüglich: „Mit eruptiver Kraft kreisen seine Bilder um Themen wie Anfang und Ende, Begrenzung und Unendlichkeit, Harmonie und schuldhafte Zerstörung. Der Künstler Peter Rehberger liebt Übergänge und Grenzsituationen, spannungshafte Labyrinthe und gleißende Urlandschaften. Zeichen reihen sich an Zeichen, die sich in assoziativer Selbstverständlichkeit zyklisch zu Erscheinungen von gleichnishafter Dichte zusammenfügen. Ihre überraschende Einheitlichkeit erklärt sich aus der Eigenart seiner künstlerischen Fantasie, die es ihm erlaubt, den an sich unmöglichen Versuch zu wagen, in Bildern zu denken und das Gedachte in dramatisch gespannten Klangfigurationen wiederzugeben.“ Mehr ist diesen aufschlussreichen Ausführungen eigentlich nicht hinzuzufügen. Bleibt anzumerken, dass sich der Künstler mit leuchtenden Farben scheinbar ‚naiv’ gesellschaftlichen Fragestellungen nähert, einem Motiv, dass der Bildhauer HANSUELI URWYLER oft in der heutigen bildenden Kunst vermisst und immer wieder einfordert. HANNELORE SCHLEYER, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Köln. Besuch der Malakademie in Köln bei Prof. Knabe; anschließend Weiterbildung an der Kölner Malschule mit den Arbeitsschwerpunkt Acrylmalerei und diverse Mischtechniken. Die Motive ihrer Bilder sind primär die Landschaft und die Architektur. Dabei versucht Hannelore Schleyer einerseits Details herauszuarbeiten, andererseits Details zu reduzieren. Somit wird keine realistische Wiedergabe angestrebt, sondern vielmehr versucht, eine individuelle Interpretation von Landschaft und Architektur zu erreichen. Auch die Farbwahl hat immer eine bestimmte Bedeutung, wie sollte es auch anders sein. Die kubistische Umsetzung der Bildidee entstand aus dem Versuch, Architektur mit Sachlichkeit zu verbinden. Hieraus ergibt sich sowohl Spannung als auch Strenge. Dafür stehen Arbeiten wie „Chicago“, „Cityansicht“, „Rialto Brücke“ oder auch „Bremen“ ein. Anhand der Titelgebung wird deutlich, dass sich die Künstlerin Hannelore Schleyer gern auf Reisen inspirieren lässt. Auch ihre Umgebung nimmt immer wieder Einfluss auf die Motivwahl. Durch die geschickte Verbindung von Landschaft, Architektur und Kubismus entstehen Acrylgemälde, die ihresgleichen suchen und in der Tat Lust auf mehr machen. Abgerundet wird diese Ausstellung durch zwei Skulpturen des Schweizer Malers und Bildhauers HANSUELI URWYLER. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.