SIGNAL-IDUNA 2015

GALERIE BÖHNER
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG

28.03. – 07.08.2015

Willy-Brandt-Platz 5, 2. Etage
D-68161 Mannheim
Mobil:
+49 (0) 177 400 6 222
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag: 9-17 Uhr sowie nach Vereinbarung

 

SIGNAL IDUNA 2015

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Meine sehr geehrten Damen und Herren,

natürlich ist man als Redner bei einer solchen Ausstellung immer geneigt, nach Verbindungslinien zwischen den einzelnen Exponaten zu suchen und auf diese Weise einen roten Faden zu weben. Dies ist in dieser Ausstellung heute aber besonders schwer, weil es sich hier um zehn sehr unterschiedliche, individualistische Künstlerpersönlichkeiten handelt, wobei die Berührungspunkte höchstens zufällig sind. Jede und jeder, der/die hier ausstellt, arbeitet gewissermaßen für sich. Verbindungslinien lassen sich höchstens beiläufig, über ein Thema zum Beispiel, ziehen. Die Landschaft wäre so eines:

Die Landschaft in der modernen Malerei begegnet uns in dieser Ausstellung an mehreren Stellen. Wir haben hier vorn im Eingangsbereich die Bilder von Anna Maija Rissannen, weiter hinten, gewissermaßen als Abschluss, Arbeiten von Patricia Clendening Buzzerio, bei denen es um Abstraktionsformen aus der Landschaft geht, um Rhythmen und Farbflächen, die daraus abgeleitet sind.

Für uns ist das Thema Landschaft in der Kunst etwas Selbstverständliches, aber wenn man sich einmal fragt, seit wann die Landschaft überhaupt ein Thema in der Kunst ist, kommt man ins Grübeln:

Die Landschaft wurde nämlich erst sehr spät für die Kunst erschlossen. Dieser Erschließungsprozess beginnt im 17. Jahrhundert mit der Landschaftsmalerei der Niederländer. Doch waren diese Bilder eher Kabinettstücke, selten hatten sie repräsentative Größe. Die kam eigentlich erst anderthalb Jahrhunderte später, in der Zeit der Romantik. Um 1800 herum wurde die Landschaft zu einem gewichtigen Sujet in der Malerei. Landschaft bedeutete in dieser Phase jedoch nicht die Wiedergabe der oberflächlichen Erscheinung, es ging vielmehr darum in die Tiefe zu dringen, gewissermaßen die Seele der Landschaft aufzuspüren.

Von den Niederländern einmal abgesehen, war die Landschaft bis dahin meist nur schmückendes Beiwerk, als Kulisse von figurativen Szenen zum Beispiel. Der Paradigmenwechsel fand in der Romantik statt. Denken Sie an Caspar David Friedrich oder Carl Rottmann, an Runge oder Schirmer – bei diesen Künstlern wurde die Landschaft als lebendiger Organismus erfahrbar.

Es ist kein Zufall, dass diese Tendenz vor allem in Nordeuropa Nachhall gefunden hat, ist doch gerade dort die Natur in ihrer wildromantischen Schönheit am prägnantesten. Daran lässt uns die finnische Malerin Anna Maija Rissanen teilhaben.

Die Landschaftsmalerei hat in ihrem Schaffen einen hohen Stellenwert. Wuchtige Felsformationen schälen sich aus der Winterlandschaft heraus, eine Monumentalität, die durch den Kontrast zwischen den hellen und dunklen Flächen ziemlich verstärkt wird. Beim näheren Hinsehen merkt man aber auch einen weiteren Aspekt, der das Schaffen der Künstlerin prägt. Hier wird Monumentalität nicht so sehr durch die Wucht des Gestus erreicht, sondern vielmehr durch das feinfühlige Zusammenwirken von Format und Linie sowie durch Perspektive und Struktur, die hier manchmal wie bei chinesischen Tuschezeichnungen erscheint.

Auch von den Farben sollte man sich nicht täuschen lassen, denn die wirken nur auf den ersten Blick monochrom. Das Weiß wie das Grau in diesen Bildern enthält die unterschiedlichsten Farbtöne, die sich bei längerem Betrachten von der Oberfläche zu lösen scheinen und eine Eigendynamik entwickeln.

Wie Anna Maija Rissanen ihre Vorbilder sowohl in der Romantik als auch in der chinesischen Kunst findet, finden wir in den Arbeiten von Raymond Panneel hingegen andere kunstgeschichtliche Vorbilder, die im Klassizismus liegen. Wie dort bedient sich der Künstler mythologischer Themen, bricht sie auf und macht sie so für unsere Zeit erfahrbar. Seine Figuren wirken irgendwie verletzt, fragmentarisch, insofern werden sie der Zerrissenheit unserer Gegenwart weit eher gerecht als dies die bloße Nachahmung althergebrachter Formen würde. Er hüllt diese Fragmente in eine Art historischen Nebel und erweitert so den Raum, gibt ihm Tiefe und Geheimnis, ähnlich wie dies die Surrealisten taten, die vor allem das Unbewusste im Bild zur Sprache kommen lassen wollten.

Annie Jungers, deren Bronzeskulpturen nicht von ungefähr in der Nähe dieser Bilder stehen, spielt mit diesen klassischen Formen. Sie setzt witzige Akzente, indem sie beispielweise zulässt, dass sich ihre Formidee gewissermaßen von selbst aus dem Stein heraushaut. Sie entwickelt eine Situationskomik aus abstrakten Spannungsmomenten, spielt mit unterschiedlichen Versatzstücken, die sie in ihre Kompositionen einbringt, schafft so störende oder verstärkende Effekte.

Carolina Peirera ist eine Expressionistin, die die Farbe scheinbar mit großem Temperament auf die Leinwand bringt. Dieses Temperament, diese Dynamik wird in ihren Arbeiten sichtbar und erlebbar und die Wirkung der Farbe scheint bisweilen von der Malfläche ausgehend weit in den Raum hinein zu strahlen, scheint das Format durch die Kraft des Kolorits zu sprengen.

Ähnlich expressiv arbeitet auch Zippora Meijer aus den Niederlanden. Doch liegt hier der Unterschied im Figurativen, das sie im Gegensatz zu Carolina Peirera, nicht aufgibt, sondern gewissermaßen als Ausdrucksträger innerer Stimmungen und Schwingungen beibehält.

Corinne Wilson, die in Paris lebt und arbeitet, geht ähnlich vor und räumt der Farbe einen breiten Raum ein, Wie Lavaströme schieben sich hier warme und kalte Kontraste eindrucksvoll über die Bildfläche. Der Eindruck, dass es sich dabei um rein abstrakte Vorgänge handelt, verschwindet aber rasch, wenn man näher herangeht. Erst da entdeckt man kleine Figuren, die sich aus diesem dramatischen Geschehen herauslösen

Neben diesen Arbeiten nehmen sich die Blätter von Carola Kirsch recht still und introvertiert aus. Auf den ersten Blick erinnern sie an japanische Tuschezeichnungen, die im Geiste des Zen punktgenau geschaffen wurden, doch merkt man bei genauerer Betrachtung, dass hier keineswegs die persönliche Handschrift herausgenommen ist. Man spürt die Spur der Hände bei den dicken, schwarzen Linien selbst sowie an den Konstruktionszeichnungen im Hintergrund, die eine andere Absicht zu verraten scheinen, als die, die sich letztendlich im Zeichen realisiert hat.

Noch ungewöhnlicher wirken die Arbeiten von Keepa Maskey. Die Künstlerin stammt aus Nepal. Was uns an ihren Bildern fasziniert, ist die ungewöhnliche Komposition, die eher an Glasmalerei und an Kirchenfenster erinnert als an Gemälde in dem uns bekannten Sinn. In die tiefschwarzen Cloissoniers fügen sich die kleinen Farbfelder ein wie Edelsteine in einem Schmuckstück und bereichern uns so mit neuen Seherfahrungen.

Die Landschaften von Patricia Clendening Buzzerio wurden bereits eingangs erwähnt. Spontaneität und einfache unverstellte Mallust scheinen sich hier mit einem Wunsch nach Rhythmik und Ordnung zu verbinden, für die sie in einigen ihrer Werke zumindest den narrativen Detailreichtum opfert und sich ganz auf die weißen Birkenstämme und die Farbfelder dazwischen, die den Eindruck der Fülle geben, konzentriert.

Zum Schluss meiner Ausführungen hier noch einen Verweis auf Gerold Maier, der hier in der Ausstellung mit Fotografien vertreten ist. Fotografien, um genauer zu sein: Polaroids, die spontan entstanden sind, völlig verzerrte Perspektive, Schnappschüsse, die sich durch die Materialität der verwendeten Filme und deren Handhabung farblich verändern und ein völlig losgelöstes Bild von der Landschaft geben.

Text: Dr. Helmut Orpel

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• 3. März 2015

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