Bechtle 2022/2023

SAMMLUNG & GALERIE BÖHNER
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG

21.10.2022 – 10.03.2023

Besselstraße 20-22
D-68219 Mannheim
Mobil:
+49 (0) 177 400 6 222
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag: 9-17 Uhr
sowie nach Vereinbarung

 


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Laudatio öffnen

Meine sehr geehrten Damen & Herren,

Malerei was ist das eigentlich? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig, eine Metamorphose in unterschiedlicher Gestalt: zum einem, die Verwandlung von Lichtenergie in materielle Substanzen, zum anderen die der Vergänglichkeit des Augenblicks in Dauer. Dieser Frage geht unter anderem die aktuelle Gemeinschaftsausstellung der Sammlung & Galerie Böhner in der Mallau nach, die von den Kuratoren auf sehr einfühlsame Art und Weise zusammen gestellt wurde.

Diesem Anspruch kommt die aus Würzburg stammende Malerin Dagmar Henneberger schon ziemlich nah. Ihre Bilder scheinen sich spontan aus dem leeren Raum heraus zu entwickeln. Neben der konventionellen Farbe bezieht sie Sand, Asche, Steinmehl und Ruß in den Malprozess mit ein und verstärkt so den haptischen Eindruck, der dem visuellen in besonderen Situationen innewohnt. Ihre Werke lassen an kosmische Erscheinungen denken. Jedes von diesen, die Sie im Foyer bewundern können, steht unter einem besonderen Lichteindruck: Blau, Rot oder Phosphorgelb. Wie bei dem Blick ins Weltall überrascht die Dynamik, welche die Art der Komposition suggeriert.

Ihr benachbart sind die Arbeiten von Gerd Rehme, der in unterschiedlichen Genres zu Hause ist und neben den hier ausgestellten abstrakten Gemälden auch figurative Arbeiten geschaffen hat. Wie Henneberger benutzt auch er Materialien wie Beize, Sand, Holzspäne und Spachtelmasse, um den Eindruck zu steigern. In jüngster Zeit bringt er auch Eisenrost in seine Bilder ein, was für ihn für Zeitlichkeit und Vergänglichkeit steht. Rehme hat sein Handwerk unter anderem an der Akademie für Malerei in Berlin erlernt.

Wesensverwandt zu diesen beiden Künstlern sind die Arbeiten des Schweizers Guido Lötscher, die im ersten Obergeschoß zu finden sind. Er stellt sehr bewusst einen Bezug zu der Farbfeldmalerei des russisch amerikanischen Künstlers Mark Rothko her. Wie dieser entwickelt Lötscher seine wirkungsvollen Kompositionen aus unterschiedlichen Bildschichten heraus, die weder perspektivisch noch figurativ aufgebaut sind und allein durch das Zusammentreffen der Farbe eine intensive Stofflichkeit erhalten. Dabei vermeidet er einen allzu offensichtlichen individuellen Duktus, der bei Brigitte Siebeneichler in Vordergrund steht. Anders als bei Lötscher erkennt man hier bewusst die Präsenz der Künstlerin im malerischen Prozess und kann anhand der Spuren, die der Malprozess hinterlassen hat, auf emotionale Stimmungen schließen.

Gabriele Anne Welker, die hier schon öfter Gast im Hause war, beeindruckt durch ihren röntgenartigen Blick auf die Natur, was die Erscheinung auf die wesentlichen Strukturelemente reduziert. Dadurch gelang sie zu verblüffenden Einsichten. Sie zeigt uns gewissermaßen die Struktur hinter einem oberflächlichen Blick auf die Wirklichkeit, welche hier wie eine bloße Folie erscheint. Besonders bei ihren schwarz-weißen Kompositionen im zweiten Stockwerk wird klar, wie wenig Struktur ihre Bildarchitektur benötigt.

Ihr gegenüber hängen die Arbeiten von Annemarie Rudolph, für die das sinnhafte Naturerlebnis ein Ausgangspunkt darstellt. Diese spontan und emotional aufgefangenen Eindrücke ordnet sie in ihrem Atelier den Prinzipien ihrer Kunst unter. Ihr geht es dabei nicht um die Postkartenschönheit der ländlichen Idylle, sondern vielmehr um den spielerisch-experimentellen Impuls, der im Wechselspiel zwischen Erinnerung und der Materialität des Malerhandwerks entsteht. Aus dem Zusammenwirken zwischen Entwurfssicherheit und Zufall entstehen rätselhafte Formen.

Isabella Kowalski arbeitet mit dem Phänomen, das die Malerei, eingangs als verwandeltes Licht bezeichnet, das aber in seiner so geronnenen Form selbst wieder in dem Austausch mit dem Licht steht, das auf das Bild einwirkt. Deshalb arbeitet sie auch mit lichtreflektierenden Farben und setzt ihrer Arbeiten dem UV-Licht aus, was die Farben und somit die Bildwirkung komplett verändert. Auf diese Weise macht sie uns nicht nur die Mannigfaltigkeit des Lichtspiels vor unseren Augen bewusst. Sie führt uns auch die Relativität unserer visuellen Wahrnehmung vor Augen.

Von all diesen genannten Malerinnen und Maler unterscheidet sich Joanna Zylla. Die Künstlerin arbeitet gerne seriell. Sie bleibt in ihren Bildern dem Erzählerischen treu und überrascht in der Ausstellung mit einer eindrucksvollen Impression vom Mannheimer Rangierbahnhof bei Nacht. Die verfremdete Lichtwirkung und die geheimnisvolle Leere der nächtlichen Anlage wirkt sehr authentisch. In einem weiteren Bild, einer Hafenanlage, geheimnisvoll in Nebel gehüllt, zeigt sie ebenfalls ein Gespür für die Majestät dieser technischen Großanlagen.

Ihrer besonderen Vorliebe für elegante Damenschuhe lässt Jolanta Szalanska freien Lauf, indem sie dieses Thema in unterschiedlichen Ausformungen dekliniert. Man merkt aber schon, dass da wesentlich mehr dahintersteckt als eine bloße Huldigung an die Mode, denn was da so leicht spielerisch daherzukommen scheint, offenbart sich als bewusste Inszenierung. Der abwesende Mensch bzw. die Menschengruppe, die hier zusammensteht, wird durch die Art der Komposition spürbar und die intendierte Geschichte kann vielleicht sogar nachvollzogen werden.

Den Blick auf die geheimnisvolle Welt der Pflanzen und Bäume fokussiert Vera Ludwig-Loster in ihren Arbeiten in zweiten Stockwerk der Galerie in ihrer Weise. Trotz dieser Naturnähe will sie ihre Malerei symbolistisch verstanden wissen, wie sie erklärt. Ihre Bilder erzählen von der Schönheit der Schöpfung und rufen gleichzeitig die Brüchigkeit und Fragilität ins Gedächtnis.

Zarte, hoch transparente Blüten hat Ingrid Schiller auf die Leinwand gezaubert. Großformatig und majestätisch wirken ihre Arbeiten, die den vollen Bildraum einnehmen und eine trotz, oder vielleicht gerade wegen ihrer Zartheit überaus hohe Präsenz im Raum entfalten. Die in Wiesbaden lebende und arbeitende Künstlerin hat sich einer farbigen, expressiven Naturmalerei verschrieben, um einen Gegenentwurf zur Tristesse des Alltags zu kreieren. Das spricht besonders für eine positive Lebenseinstellung. Von ihr ist auch in Zukunft noch einiges zu erwarten, trägt ein aktueller Katalog doch den aufschlussreichen Titel: „Ich habe noch viel Farbe in mir!“.

Ulrike Reichmann hat ihre Arbeiten im Zwischenbereich von Farbe und Relief angesiedelt. Seit 2009 schafft sie dieselben aus handgefertigten Papierperlen, ein Verfahren, das sie bereits in ihrer Kindheit eingesetzt hat. Die Basis dieser Papierperlen sind alle möglichen Papiere, wie Illustrierte mit ihren grell leuchtenden gedruckten Fotos. In der jüngsten Zeit experimentiert sie auch mit durchgefärbten Tonpapieren, die sie zu länglichen, bauchigen Röhrchen zusammenrollt. Hunderte, vielleicht sogar noch mehr solcher Perlchen werden nach einem vorgefassten Plan in den Bildern verarbeitet. Dabei orientiert sie sich an den abstrakten Grundformen, die nach einer geometrischen Ordnung aufgebaut sind. Eine wirklich ganz spannende Technik, die ihresgleichen sucht.

Ganz ohne Farbe kommt Gerhard Daum in seinen hier gezeigten Bildern aus. Geometrische Zeichnungen, fein säuberlich gezogene Linien verleiten durch die Titelgebung wie „Fressen und gefressen werden“ und „Kistenauspacken“ zu narrativen Deutungen. Einen besonderen Reiz entfalten diese Arbeiten nicht zuletzt durch die Art der Präsentation, denn wie sonst hauptsächlich Fotografien sind sie auf Alubond aufgezogen.

Kontrastiert werden die Arbeiten der Malerinnen und Maler von Skulpturen und Objekten. Darunter am auffälligsten die Holzskulpturen von Johannes Rößle. Es ist die menschliche Figur, die er ausgehend vom grundlegenden Stereotyp des steifen, roh aus dem Holz geschnittenen Körpers erfasst. Das eigentlich Individuelle an diesen Skulpturen ist die leuchtende Farbgebung. Auffällig ist außerdem, dass Rößle seine Oberflächen nicht poliert oder glattschleift, sondern die Farbe unmittelbar auf den fasrigen Untergrund aufträgt, ihn im Nachhinein sogar noch mit der Bohrmaschine bearbeiten. Er macht sie dadurch empfänglicher für die Schattenspiele des einfallenden Lichts.

Ulrich Wössner arbeitet ebenfalls mit Holz, aber nicht ausschließlich. Er kombiniert es mit anderen Materialen und Fundstücken und schafft so polymorphe Gebilde, die er „Orte“ nennt. Sein Material findet er in historischen Gebäuden, die er selbst restauriert. Ganz gezielt arbeitet er auch mit geheimnisvollen Kisten, worin das eigentliche Bildgeschehen hinein verlagert wurde, so bei „White Cube“ oder den staffelartig aufgebauten Arbeiten hier unten im Foyer der Galerie. Man sollte da näher herantreten und den Blick ins Innere dieser Gebilde wagen. So erschließt man sich, was ungewöhnlich ist, die künstlerische Arbeit von innen nach außen.

Im klassischen Sinne Bildhauerin ist die in Laatzen bei Hannover lebende Silvia Withöft-Foremny. Sie arbeitet mit unterschiedlichem Gestein, am liebsten aber mit dem heimischen Kalkstein. Dabei lässt sie sich ganz auf das Naturmaterial ein, erarbeitet ihre Formen aus einem Gefühl für die Besonderheit des vor ihr liegenden Naturstücks heraus. Dabei ist es ziemlich zweitrangig, ob in diesem Prozess eine anthropomorphe oder eine abstrakte Form entsteht. Ihr scheint es in erster Linie um eine Formfindung zu gehen, die dem gegebenen Naturmaterial innewohnt.

Text: Dr. Helmut Orpel


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• 29. September 2022

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