28.04. – 22.09.2017
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
unsere heutige Ausstellung in der Sammlung & Galerie Böhner hier in der Mallau wartet mit einigen Besonderheiten auf. Einigen davon begegnen Sie gleich hier im Eingangsbereich, wo bereits ein Querschnitt von dem abgebildet ist, was Sie als Fortsetzung dann in den folgenden Räumen erwartet.
Was hier zuerst buchstäblich ins Auge springt, das sind die die großformatigen Zeichnungen von Verena Hopf. Die Zeichnung ist eine Technik, die in Kunstausstellungen oft untergeht, besonders dann, wenn sie zusammen mit farbintensiven Gemälden, oder wie hier, sogar mit farbigen Skulpturen gezeigt wird.
Die Arbeiten von Verena Hopf behaupten dennoch ihren Platz. Das liegt zum einen zweifelsohne an der Monumentalität. Zum anderen an dem Trägermaterial, sie arbeitet nämlich auf Holz. Zum dritten liegt es aber auch am rätselhaften Inhalt, den sie mit ihren Darstellungen suggerieren. Surreal und märchenhaft erscheinen die Figuren, die hier teils voll ausgemalt, teils fragmentarisch aufeinander treffen. Dabei ist der Raum durch Aussparungen verfremdet. Sind es Träume, bei denen sich unterschiedliche Zeitschichten überlagern? Auf jedem Fall ziehen die Arbeiten dieser Künstlerin den Blick auf sich und bleiben im Gedächtnis.
Von ganz anderer Art – aber von ähnlicher Anziehungskraft – sind die Glasskulpturen von Wiktor Borowski, denen Sie überall im Haus und auch auf der Dachterrasse begegnen. Diese Skulpturen und Objekte in ganz unterschiedlichen Größen entstehen in einem Studio, das seit nunmehr zwei Generationen besteht und sich in der Tradition der großen Glaskünstler versteht, die die Magie ihres Materials durch vielfältige Bearbeitung mit teils längst vergessenen Techniken zur Wirkung bringen. Wie bei den zauberhaften Objekten von Emile Gallé geht es hier um das Zusammenspiel von künstlerischer Idee und Formgebung auf hohem kunsthandwerklichen Niveau. Das herausstechende Merkmal bei dieser Verarbeitungstechnik ist die Kombination von Formgebung und Farbe. Die Objekte erscheinen bisweilen aufgrund ihrer Vielfarbigkeit und kollagenartigen Zusammensetzung sehr spielerisch. Feingefühl für das Material sowie reiche Fantasie und die Wechselwirkung unterschiedlich bearbeiteter Oberflächen sind kennzeichnend für diese Kunstwerke.
Der zweite Skulpteur in der Ausstellung ist Ulrich Wössner mit seinen Objektkästen, die an Präsentationsweisen in Museen erinnern. Ebenso wirken die Objekte, die er auf diese Art und Weise zur Geltung bringt: Artefakte von längst untergegangenen Kulturen könnten das sein. Objekte, über deren Hintergrund und Bedeutung wir nur Vermutungen anstellen können. Gerade durch das Geheimnisvolle ihres Charakters beflügeln sie aber unsere Fantasie. Bisweilen kombiniert der Künstler hier auch Altes mit Neuem, ähnlich wie in den Museen, wo Fundstücke skizzenhaft ergänzt werden, um das ursprüngliche Ganze zu rekonstruieren.
Während diese drei eben genannten Künstler Neuzugänge der Galerie sind, ist der Fotograf hier im Entré den Stammgästen der Galerie Böhner schon länger bekannt: Peter Walter bereist die Metropolen der Welt und lässt erstaunliche Impressionen entstehen. Die markanten Punkte dieser Städte, die uns in seinen Werken auf so individuelle Art und Weise begegnen, sind die Lichter der Nacht, die sich wie magische Bänder durch seine fotografischen Arbeiten ziehen und sich in den Raum hinein zu erweitern scheinen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fotografien gib es in seinen Bildern keine Fixpunkte. Der Fotograf hat hier keinen festen Standpunkt, von dem aus er fotografiert. Es ist vielmehr die Bewegung der Kamera, vielleicht bei einer Autofahrt durch die jeweiligen Städte, bei der sich die Szenerie und damit gleichzeitig der dreidimensionale Raum im nächtlichen Lichtspiel auflöst.
Walter lässt sich aufgrund seines Genres sehr gut zu einer Hauptlinie in dieser Ausstellung zuordnen, nämlich modernen Formen der Landschaft. Sie begegnen ihr hier als eine Art Reisebilder in der Fotografie. Sie begegnen ihr in der Malerei, wo die Landschaft seit der Romantik Ausdruck seelischer Stimmungen ist. Diesen Charakter haben hier beispielsweise die Gebirgslandschaften von Conny Roßkamp, wo sich die Konturen bisweilen nebelhaft auflösen. Bei Lucette Senn könnte es sich um Traumlandschaften handeln, die in leichten Pastellfarben daherkommen und wirken als sehe man wie durch eine Glaskugel kaleidoskopartige Räume. In den Arbeiten von Karmen Kozar Podvorec könnte es sich dagegen um tatsächliche Landschaften von der Küste Dalmatiens handeln. Davon ausgehend scheint sie dann in einem anderen Teil ihrer Werke abstrakter zu werden. Die Farben scheinen sich hier von den Formen zu lösen und einen autonomen Bereich zu besetzen.
Manuela Lutz ist mit unterschiedlichen Serien hier in der Ausstellung vertreten. Zum einen spielt der Schriftgestus hier eine wesentliche Rolle. Hierdurch verstärkt sich nämlich die Tiefenwirkung der Farbe, über die sie die Linien wie ein Netzwerk legt. Um kosmisch wirkende Kompositionen geht es in den Arbeiten von Brigitte Gerlach, sie weiten den Blick und bauen auf die Tiefenwirkung, wohingegen Astrid Haas´ Arbeiten zwischen Ornament und Figuration changieren, ein bewusst gesetzter Gegensatz, der auf die Wechselwirkung von Farbkontrasten abgestimmt ist.
Die Arbeiten von Juana Reimers, die sie hier im unteren Bereich der Galerie sehen und die von Serge Gauya orientieren sich an unterschiedlichen Spielarten der Pop- Art. Während es bei Juana Reimers graffitiartige Muster sind, die sie sehr temperamentvoll angelegt hat, sind es bei ihrem Schweizer Kollegen eher die knallbunten Comicfiguren, die in der einen oder anderen Variante in seinem Werk Einzug fanden.
Christian Aumüller oder der „Kugelbaron“, wie er sich in selbstironischer Absicht nennt, schöpft ganz aus der Tiefe eines Surrealimus a la Dalí und führt in seinem Werk hier Gedanken zu Ende, wie sie bisweilen schon im Werk dieses Jahrhundertkünstlers angelegt sind. So können die Mikrostrukturen aus denen viele seiner Bilder aufgebaut sind, als biologische Zellen gelesen werden, die sich zu Organismen zusammenschließen. Die Wesen, die so irgendwie zusammenwachsen, sind ganz unterschiedlicher Natur. Leben, aber das Leben in einem anderen Sonnensystem, wo die Natur anderen Gesetzten gehorcht und sich die Strukturen anders entwickeln. Der Raum, in dem sich all dies vollzieht, wirkt irgendwie magisch, wie von einem geheimnisvollen Licht durchdrungen.
Text: Dr. Helmut Orpel
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