Bechtle Haus 2023/2024

SAMMLUNG & GALERIE BÖHNER
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG

20.10.2023 – 10.03.2024

Besselstraße 20-22
D-68219 Mannheim
Mobil:
+49 (0) 177 400 6 222
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag: 9-17 Uhr
sowie nach Vereinbarung

 


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Meine sehr geehrten Damen & Herren,

wie der Wald dem Baum und das Meer dem Fluss, so ist die Landschaft dem Menschen ein Spiegelbild seiner Bedeutung. Ob er es gedanklich realisiert oder auch nicht, er ist in der Landschaft und die Landschaft ist in ihm. In diesem Sinne entstand im Zeitalter der Renaissance mit dem Porträt des Menschen auch das Landschaftsbild. Zunächst nur verhalten, als ergänzende Kulisse, dann rasch und immer intensiver als eigenständige Gattung. Längst ist die Landschaftsmalerei zum Spiegelbild der Seele geworden.

So in dieser Ausstellung in der SAMMLUNG & GALERIE BÖHNER hier im Bechtle Haus bei den eindrucksvollen Gemälden von Olga David. Dabei belebt sich der Eindruck durch die atmosphärische Dichte der gestisch vorgetragenen Malerei. Gerade durch ihre Bilder lässt sich das eingangs Gesagte verdeutlichen. Man spürt es regelrecht, und zwar sowohl in den Landschaften des Kaukasus als auch in der Winterlandschaft von Lichtenberg. Es sind Spaziergänge mit den Augen, zu denen sie uns einlädt.

Die Landschaften von Wolfgang Kohlhepp sind von ganz anderer Natur. Auf den ersten Blick wirken sie farblich sympathisch, frisch und spielerisch; abstrakte Kompositionen auf weißem Grund. Doch enthalten sie weit mehr an Inhalt als es auf den ersten Blick scheint, denn erst bei genauerer Betrachtung entdeckt man darin winzige Figurengruppen und mit ihnen dreidimensionale Bereiche. An dieser Stelle kann vielleicht sogar von einer kopernikanischen Wende gesprochen werden, denn wo sonst durch die menschliche Perspektive eine entsprechend definierte Landschaft entsteht, führt uns hier der Künstler vor Augen, dass unser Blick nur einen winzigen Ausschnitt des Kosmos offenbart, der weit mehr Dimensionen umfasst als nur die uns bekannten drei.

Bleiben wir beim Thema Landschaft und begeben uns ins erste Obergeschoß dieser weitläufigen Galerie, so entdecken wir die vor allem durch ihre Weitläufigkeit anziehend wirkenden Landschaftsbilder von Beate Weigel. Sie sind oft aus der Vogelperspektive heraus gemalt. Daher die Weite und Klarheit. Inspirationsquellen sind hier einerseits die Fotografie, andererseits die Pleinairmalerei. Aber auch die Auseinandersetzung mit Vorbildern aus der Kunstgeschichte spielen hier eine Rolle.

Ihr gegenüber befinden sich die Arbeiten von Uli Hildner, Seelandschaften, zum Teil auf Schwarz-Weiß reduziert. Ute Zeuschner ist mit ansprechenden pastosen Arbeiten vertreten, die mit ihren sprechenden Oberflächen sehr sensibel auf das einfallende Licht reagieren. Aus diesem Wechselspiel entstehen impressionistische Eindrücke. Nahe verwandt erscheinen auch die Arbeiten von Melanie Temme. Die Künstlerin wurde in einen Handwerksbetrieb hineingeboren und war schon früh mit Restaurierungsarbeiten bei empfindlichen Kulturgütern in Kirchen und anderen kulturellen Städten betraut. Diese frühe Einarbeitung spürt man deutlich bei der Art und Weise, wie die verschiedenen Schichten in ihren Werken miteinander verbunden sind sind.

Auf derselben Etage – wie die beiden Vorgenannten – finden sich zwei besondere Querformate, die von der Malerin Anette Koch stammen. Sie hat die Akademie der Bildenden Künste in München absolviert und arbeitet heute in der bayrischen Hauptstadt als freie Künstlerin. Ihre Werke überzeugen durch ihre Brillanz. Ein Alltagsthema, schwimmende Menschen im Wasser. So banal sich der Stoff zunächst anhören mag, so herausfordernd ist er doch, denn es hat schon einen hohen Anspruch, Wasser, Tiefe und Oberfläche sowie die Perspektive in Einklang zu bringen.

Antoinette Lüchinger abstrahiert von dem Natureindruck und baut ihre Bilder flächig auf. Sie nimmt ihre Ideen aus der Natur und entwickelt daraus einen vielstimmigen Kanon aus ansprechend frisch wirkenden Farbfeldern.

In ihrer Nachbarschaft befinden sich die Reisebilder von Beatrice Harder. Sie ist Fotografin und wie man liest, dass sie seit frühester Kindheit von diesem Medium fasziniert ist. Unter den Fotografen, die das Medium künstlerisch einsetzen, gibt es unterschiedlichen Tendenzen. Beatrice Harder hat sich für den spontan gestischen Weg entschieden. Ihr geht es bei ihren Arbeiten offensichtlich nicht um den anekdotischen Charakter, sondern um seine ursprüngliche Bedeutung, denn das Wort Fotografie bedeutet übersetzt „Zeichnen mit Licht“. Ihre Bilder entstehen offensichtlich aus Synthesen, Überblendungen und Spurensuchen, Paris – Istanbul, Cork – Kilkenny. Lichtmomente, die im nächsten Augenblick verschwinden. Reiseeindrücke im Fluss der Zeit werden in diesen Momentaufnahmen eingefangen und konserviert. Und sie selber, so scheint es, nimmt bei diesen Aufnahmen keinen festen Standpunkt ein, sondern wird selber in dieser Bewegung Teil ihres künstlerischen Werkes.

Für eine der Position von Harder zwar verwandten, aber in ihrer Ausdrucksform gegensätzlichen Position hat sich Erich Lechner entschieden. Er beschreibt sie als fotografischen Impressionismus, aber ganz im Gegensatz zu den stimmungsvollen Landschaften eines Claude Monet verzichtet er vollkommen auf den realen Bezug in der sichtbaren Welt und lässt abstrakte Lichtstimmungen entstehen, die an die informelle Malerei erinnern.

Die Brücke zum Informel schlagend, begeben wir uns wieder zurück ins Erdgeschoß und stoßen hier auf die Arbeiten zweier Malerinnen, die sich auf den ersten Blick stilistisch nahestehen: Susan Sieg und Sabrina Seck. Susan Sieg hinterlässt bei ihren Werken Arbeitsspuren, denn wenn man sich etwas intensiver auf ihre Werke einlässt, wird man bemerken, wie intensiv und leidenschaftlich sie ihre Stoffe bearbeitet. Man spürt regelrecht, wie sie spachtelt, ritzt und schleift, sodass eine sprechende Oberfläche entsteht, die entsprechend energetisch aufgeladen wirkt. Kraftvolle Bilder, in denen die Stofflichkeit durch die künstlerische Aktion zum Sprechen gebracht ist.
Einen eigenen Bereich bilden die Objekte im oberen Stockwerk der Galerie, die man sich unbedingt ansehen sollte. Hier hat die Künstlerin mit der Enkaustiktechnik gearbeitet. Ein Verfahren, das schon bei den alten Ägyptern bekannt war.

Für Sabrina Secks wundervoll poetisches Werk gilt Ähnliches, nur ist die Gestik hier weit stärker zurückgenommen. Der Bildraum ist tiefschichtig aufgebaut. Schleierhaft schweben hier Türkistöne vor lilafarbenen Strukturen, die an eine Waldlandschaft denken lassen. Auch von ihr ist noch ein weiterer Werkbereich zu sehen, der eine ganz andere Seite von ihr zeigt, denn hier werden die Bezüge zur Pop Art offensichtlich, vor allem in den Porträts von den berühmten Stars jener Zeit.

Der Pop-Art scheint ein weiterer Künstler dieser Ausstellung verpflichtet, nämlich Heinz Marzohl, der wie Antoinette Lüchinger aus der Schweiz stammt. Er zeigt eine ganze Reihe ansprechender Motive, die im Bereich zwischen Kunst, Plakatkunst und Design angesiedelt sind. Also typisch Pop-Art, denn wie der Name sagt, ging es bei dieser Richtung darum, Kunst zu popularisieren und im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Diese Bewegung hat, wie sie heute an namhaften Beispielen sehen können, ihre Spannkraft nicht verloren.

Die wachsenden Säulen mit transluzider keramischer Glasur sind zu Signets der Künstlerin Gerdi Gutperle geworden. Wachsende Säulen sind es, deren Gestalt wie die Wirbelsäule der aufrecht gehenden Lebewesen aus vielen Elementen aufgebaut ist. Nur so ist der aufrechte Gang überhaupt möglich. Man erkennt auf der Oberfläche feine Farbnuancen und zarte Zeichnungen. Durch den Glanz ergeben sich Lichteffekte, die die feste Form optisch aufzulösen scheinen. Sowohl bei den kugelartigen Objekten als auch bei den säulenhaften Keramiken scheinen die materiellen Formen mit ihrer Umgebung zu verschmelzen.

Auch die Österreicherin Edeltrude Arleitner ist eine Keramikerin, die im Laufe der Jahre zu ihrem eigenen Stil fand. Betrachtet man ihre Arbeiten, so fällt auf, dass hier zwei gegensätzliche Pole aufeinandertreffen. Zum einen die sehr expressive, an die menschliche Figur angelehnte Arbeitsweise. Zum anderen die abstrakte minimalistische Formensprache. Die Oberflächen wirken hier wie rostiges Eisen oder Marmor.

Mit einem Augenzwinkern sollte man die Drahtskulpturen von Heike Drescher betrachten. Erstens ist ihr Material ungewöhnlich, herkömmlicher Draht, den sie zu bestimmten Gesichtsausdrücken, die sie auf verschiedene Art und Weise mit Applikationen humorvoll erweitert. Marmor und Draht – sie verarbeitet auf diese Art und Weise Eindrücke aus der Alltagswelt und schafft Phantasiewesen zwischen Mensch und Fisch.

Text: Dr. Helmut Orpel

• 26. September 2023

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