Bechtle Haus 2024

SAMMLUNG & GALERIE BÖHNER
GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG

22.03. – 10.08.2024

Besselstraße 20-22
D-68219 Mannheim
Mobil:
+49 (0) 177 400 6 222
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag: 9-17 Uhr
sowie nach Vereinbarung

 



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Meine sehr geehrten Damen & Herren,

in monumentalen Werken schickt die österreichische Malerin Andrea Langensiepen uns Betrachter auf wagemutige Heldenreisen durch eine Welt der Mythen. Bei ihrer Erzählung bedient sie sich allerdings nicht der uns gewohnten Erzählweise, der Figuren der Götterwelt Griechenlands, wie wir sie aus den überlieferten herkömmlichen Illustrationen kennen, sondern sie bedient sich der Kunst des Informel, der fließenden Formen, die in der Fantasie des Betrachters, der sich darauf einlässt, ein Echo hervorrufen. Studiert hat sie ihre Kunst bei keinem geringeren als bei dem Malerfürsten Markus Lüpertz in dessen Akademie der Bildenden Künste in Kälbermoor. Dessen freien, stark an den Eruptionen des Unbewussten orientierten Duktus spürt man auch in mancher von Langensiepens wuchtigen Arbeiten, die den Betrachter ansprechen. Man wird sie mögen oder auch nicht, in beiden Fällen hinterlassen sie einen starken Eindruck, ein Seherlebnis, wie eben bei einer Heldenreise in unbekannte Gebiete.

Einen spannenden Gegensatz in dieser Ausstellung ergibt sich bei der Gegenüberstellung der eben genannten Arbeiten mit denen von Johanna Liebsch. Sie verbindet ihre künstlerische Recherche, die sie rund um die Welt führte, mit der Archivierung von Orten und Landschaftsstrukturen, die es so bald nicht mehr geben wird. Seit Jahren arbeitet sie an einem Projekt mit dem Titel „El Muro“, die das Zeil verfolgt, künstlerisch eine Analogie zu den Orten herzustellen, die sie bereist hat.

Spurensuche an Häuserwänden oder Mauern in den Orten, die sie besucht und fotografiert hat. Diese Fotos werden anschließend digital bearbeitet, sodass bestimmte Elemente und Strukturen haptisch hervorgehoben werden. Kombiniert mit unterschiedlichen Trägermaterialien entstehen so Bildobjekte verschiedener Formate. Kennzeichnend hierbei ist die Verbindung des ästhetischen Anspruchs an wirkungsvolle Bildobjekte mit einer starken inhaltlichen Aussage. Studiert hat Johanna Liebsch an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg mit Schwerpunkt Fotografie. Danach arbeitete sie (von 1992-1996) in Mexiko. Ihre kultur- und sozialkritischen Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kodak-Preis in Arles.

Karin Kreuser, hier in der Ausstellung zwischen den beiden vorgenannten Künstlerinnen angesiedelt, schwebt mit ihren Kompositionen oft zwischen Malerei und Informell, wobei sie sich eindeutig für das freie Spiel der Farbe entscheidet und die Linie hier hauptsächlich als ordnendes Element zum Einsatz kommt. Gut nachvollziehbar ist diese Einstellung an ihrem Bild „Venedig“, wo es ihr nicht nur um die Atmosphäre im Allgemeinen, sondern auch um den Bezug zu der Lagunenstadt geht. Die meisten Bilder von ihr sind allerdings offen gestaltet. Farben haben hier, ähnlich wie bei den Bildern Andrea Langensiepens, die Form von Bausteinen emotionaler Erinnerung, wobei es sich bei den Bildern dieser Art nicht um einfache Farbsymboliken handelt, sondern gerade im Gegenteil, die Gefühlstimmung ergibt sich aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Farbkontraste.

Sowohl in den Kontrastbereichen zwischen den unterschiedlichen Farbfeldern als auch im Zusammenspiel zwischen transparenten und opaken Bildebenen entstehen Spannungsfelder. Larissa Böhler greift in ihrer Kunst Zustände und Stimmungen auf und gibt ihnen durch Farbe, Pinselduktus und Form eine bestimmte Gestalt, die im Betrachten nachvollziehbar wird. Inspirationen schöpft sie dabei auch aus der musikalischen Performance, die ihren Niederschlag in spontan ausgeführten Malaktionen findet, in die Tonalität und Rhythmus eingeflossen sind.

Einen interessanten Gegensatz zu diesen vier Künstlerinnen haben wir mit den Werken von Tamara Javurek. Auffällig ist die Betonung des Stofflichen bei ihren Werken. Die Oberflächen werden durch verschiedene Techniken bearbeitet. Sie ritzt mit dem Pinselstiel ein, spachtelt, verwendet Rost und Schrift und bringt auf diese Weise das eingesetzte Material auf eindrucksvolle Art und Weise zum Sprechen. Ihre Werke bilden keine Serien. Jedes Bild steht für sich und ist in sich geschlossen. Sie sehen das zum Beispiel in der Gegenüberstellung ihres Werkes hier unten mit dem Titel „Avantgarde“ und den rostpatinierten Arbeiten im ersten Obergeschoß, die den Titel „Lost Places“ tragen und auf unterschiedlichen Spuren verweisen.

Wieder anders sind die Arbeiten von Tanja Bürgelin-Arslan, die sowohl hier als auch im ersten Obergeschoß zu finden sind. Durch ihre Art des Arbeitens setzt sie eine Grundkonstante des künstlerischen Schaffens außer Kraft, die seit dem Manierismus in Venedig eine gewisse Allgemeingültigkeit hatte, die nämlich, dass der Künstler an seinem persönlichen Stil erkennbar sein muss. Allein dadurch, dass sie ganz unterschiedliche Materialien verwendet, Glas bei der Engelfigur, Siebdruck bei diesen Rückenakten hier, Übermalungstechniken bei den Arbeiten im ersten Obergeschoß und sogar spiegelnde Metallflächen bei einer Arbeit im Bereich der Haupthalle der Galerie, greift sie mit jedem neuen Material zu jeweils individuellen Methoden der Materialgerechtigkeit und drückt so ihren individuellen künstlerischen Anspruch jedes Mal in unterschiedlicher Weise aus.

Uta Heiland spannt in ihren Bildern vom karibischen Paradies den Bogen wieder, der über mehrere einzelnen Episoden führt. Mit wohl gewählten Worten hat die Kunsthistorikerin Esther Klippel Heilands Werke beschrieben: „Es ist ein großes Faszinosum, dass sie das Große und das Kleine gleichzeitig darzustellen vermag. Monochrom verspielte Flächen, Farbnuancen und Kontraste, klare Strukturen und verwischte Grenzen. Aus diesen Gegensätzen gestaltet die Malerin Kompositionen von großer Strahlkraft, vom Großen zum Kleinen, zu immer feineren Details.“

Ines Pröve gewinnt der Farbe, wie Sie im ersten Obergeschoß sehen werden, ein hohes Maß an Sinnlichkeit ab. Der Duft des Lavendels durchweht den Raum angesichts ihres gleichnamig betitelten Werkes, das sie dort erleben können. Erreicht wird dieser Eindruck durch sensibel austarierte feine Farbkontraste und einem Farbauftrag, der an zarte Nebel denken lässt, die sich im Spiel des Sonnenlichts übereinanderlegen.

Landschaften aus der nördlichen Region Deutschlands zeigt die Brandenburgerin Tina Brauckmann. Auch sie studierte an der Akademie der Künste, und zwar in Dresden und Berlin. Auf dieser soliden Grundlage entwickelte sie eine erdig wirkende Landschaftsmalerei. In manchen ihrer Werke führt sie von der sichtbaren, identifizierbaren Situation vor Ort über zu einer sphärischen Tiefe, die über die sichtbare Welt weit hinausgeht. Auch bei ihren Stillleben und Interieurs kann man dies beobachten.

Monika Schäfer-Lüders ist mit mehreren Werken vertreten, bei denen es um das Thema „Figur im Raum“ geht. Durch die Farbwahl und die innere Dynamik der Komposition entsteht aus diesem Spannungsverhältnis heraus eine mächtige Wirkung auf den Betrachter.

Jan Claußen, dessen Arbeiten ebenfalls im zweiten Obergeschoß zu sehen sind, führen uns auf eine spirituelle Ebene, denn sie fangen durch ihre Oberflächenstruktur das Licht im Raum auf und reflektieren es. Sein Bezug ist dabei auch ganz bewusst die christliche Ikonographie, die das Licht verherrlicht und in ihm das eigentliche Wunder der Schöpfung sieht.

Neben den Arbeiten der Malerinnen und des Malers finden sie zwei Keramiker, nämlich Gerdi Gutperle und Gabriel Beghi. Bei Gerdi Gutperlich hat die Oberfläche durch eine spezielle Glasurtechnik eine malerisch informelle Struktur von hoher Transparenz. Beghi, der aus Paris stammt, geht es mehr um die Form, die, ob bewusst oder unbewusst, an die Gitterstrukturen des Porzellans von Sevre erinnert, hier allerdings in einem modernen Sinn interpretiert, nämlich unregelmäßig, natürlich gewachsen, vielleicht wie die Hülsen von den Samen exotischer Früchte. Möglicherweise lässt sich hier eine Verbindung zwischen den Formen der Zivilisation mit ihren exakten Linien und freien, zu einer höheren Ordnung gehörenden Linien hineininterpretieren. Diese Interpretation könnte sich dabei auf eine zweite Werkgruppe des Künstlers stützen, wo er nämlich seine Fotografie, entstanden auf Safaris in Afrika und Beobachtungen der dortigen Tierwelt, in einen Kontext zu seinen bildhauerischen Arbeiten setzt.

Text: Dr. Helmut Orpel

• 23. Februar 2024

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