01.02. – 29.03.2025
Elena Timtschenko – Zeichnerin der Natur oder die Natur als Zeichengeberin – Zeichnungen & Aquarelle
Sehen – Beobachten – Entdecken – Formen & Farben
Elena Timtschenko wurde 1969 in Donskoje im Nordkaukasus geboren. Sie lebt und arbeitet heute als akademische Künstlerin in Thüringen mit eigenem Atelier und als Seminarleiterin im Bereich der Bildenden Kunst. Elena Timtschenko ist eine durch und durch akademische Künstlerin, absolvierte ein Studium der Malerei und Graphik in Russland als auch eines an der Bauhaus Universität in Weimar mit Diplomabschluss. Darüber hinaus studierte sie auch Fremdsprachen und war jahrelang als Dolmetscherin tätig, bevor sie dann als Dozentin für Zeichnen an der Fachhochschule Erfurt arbeitete und sich als freischaffende Künstlerin in Thüringen etablierte mit zahlreichen Ausstellungen, Ausstellungs- und Messebeteiligungen im In- und Ausland. Seit 2022 arbeitet Elena Timtschenko mit der Galerie Böhner zusammen. So hatte sie hier in Mannheim in der Schwetzinger Strasse im Jahre 2022 eine Einzelausstellung, und wir durften Arbeiten von ihr auf den internationalen Kunstmessen in Luxemburg, Straßburg und Paris zeigen. Elena Timtschenko ist in verschiedenen Berufsverbänden aktiv und erhielt auch schon den Pubikumspreis der Kunstmesse Thüringen. Elena, wir freuen uns, dass Du heute hier bist!
Elena Timtschenko ist in der aktuellen Einzelausstellung mit Zeichnungen und Aquarellen vertreten. Mit Zeichnungen aus der Natur, mit Kugelschreiber-Zeichnungen, mit traditionellen Landschaftsaquarellen sowie mit kolorierten-aquarellierten Natur- und Pflanzenstudien, die ihresgleichen suchen. Diese Arbeiten entstehen in Serien und/oder Werkgruppen. Die Thematiken werden darüber hinaus auch immer wieder aufgenommen bzw. fortgesetzt. Doch dazu später mehr.
Elena Timtschenko steht als Künstlerin vor allem für die Zeichnung ein, erlauben Sie mir deshalb an dieser Stelle einen Exkurs zum Thema „Zeichnung“. Was hat es mit dieser Technik auf sich? Ich habe es mir bei meinen Einführungen zur Aufgabe gemacht, über das Thema des Künstlers hinaus ganz allgemein auf den Kontext des Themas in der Kunst- und Geistesgeschichte einzugehen.
Die Zeichnung
Was bedeutet das eigentlich, das Zeichnen? Zeichnen ist eine Form der bildenden Kunst, bei der ein Künstler Instrumente verwendet, um Papier oder andere zweidimensionale Oberflächen zu markieren . Zu den Zeicheninstrumenten gehören Graphitstifte, Feder und Tinte, verschiedene Arten von Farben, Tuschepinsel, Farbstifte, Wachsmalstifte, Kohle, Kreide, Pastellkreiden, Radiergummis, Marker, Metalle und nicht zuletzt der Kugelschreiber, wie wir hier in der Ausstellung bei den Werken von Elena Timtschenko sehen können.
Unterschiedliche Zeichenstile und Zeichenmotive
Eine Zeichnung ist ein (Ab-)Bild, das ein Motiv (Sujet) in vereinfachender Weise mit Linien und Strichen darstellt. Dies unterscheidet Zeichnungen von der Malerei, welche ein Motiv durch den flächenhaften Einsatz von Farben und Tonwerten darstellt wie wir Betrachter das so von der Informellen Malerei beispielsweise her kennen. Zeichnen als formale künstlerische Schöpfung könnte als die vorwiegend lineare Wiedergabe von Objekten der sichtbaren Welt sowie von Konzepten, Gedanken, Einstellungen, Emotionen und Fantasien in visueller Form, von Symbolen und sogar von abstrakten Formen definiert werden. Und oft braucht es für die differenziert ausgearbeitete Zeichnung die Skizze dazu als Vorstufe. So auch hier im Werk von Elena Timtschenko.
Die Skizze als Vorstufe der Zeichnung
„Eine Skizze ist, wenn du schnell und locker eine Idee oder ein Motiv festhältst.“ So hat es mir gegenüber die Künstlerin einmal im Gespräch verraten. „ Eine Zeichnung ist dasselbe, aber fertiger. Eine Studie ist, wenn du versuchst, genau das, was du siehst, wiederzugeben, um etwas Spezifisches zu lernen.“ Auf ihren Wanderungen/Exkursionen findet Elena Timtschenko immer wieder Gewächse, die sie nicht kennt, also macht sie schnell eine Skizze; weil Elena zeichnen kann, braucht sie keine Kamera, und versucht später in botanischen Büchern, diese Fundstücke aufzuspüren. Mal gelingt es ihr, mal nicht, gezeichnet werden sie trotzdem. Und so entstehen gute Zeichnungen.
Eine gute Zeichnung
Eine gute Zeichnung kann unter drei Gesichtspunkten betrachtet werden: Erstens die handwerke Arbeit, zweitens die Bildidee und Aussage sowie drittens der künstlerische Wert. Die handwerkliche Arbeit ist objektiv erkennbar: Je eindeutiger und klarer die Linien gesetzt sind, um so höher erscheint die Qualität. Zweifelsohne erreicht Elena in dieser Technik die höchste Stufe, wie hier in der Ausstellung einmal mehr augenfällig wird.
Seit 2003 bis heute arbeitet Elena Timtschenko mit Kugelschreiber auf Papier. Interessant dabei ist zu wissen, dass sich die Zusammensetzung der Kugelschreibertinten von Land zu Land unterscheiden. Jedes Land weist seine eigene Zusammensetzung an Bestandteilen der Farben auf, so dass sich diese auch auf dem Papier im Endergebnis unterscheiden. Der Malprozess erfordert eine sehr ruhige Hand und zum Teil so kleine und feine Linien, dass die Künstlerin dabei mit einer Lupe arbeiten muss, um die fast unsichtbaren Strukturen in den Fundstücken mittels Kugelschreiberfarbe sichbar werden zu lassen: eine großartige Technik, eine großartige Kunst, die ihresgleichen sucht. Ich kann das nur noch einmal unterstreichen. Hier im vorderen Raum der Galerie haben wir es zum Teil mit großen Fundstücken aus der Natur zu tun, die aus Holzblöcken zu bestehen scheinen und bei denen es darum geht, die Details sichtbar werden zu lassen von innen nach außen und umgekehrt. Hier geht es darum, Schicht für Schicht freizulegen und mittels Form und Farbe festzuhalten: Bruch- und Baustellen, Muscheln und Schnecken, Raumkapseln. Elena Timtschenko beschreibt sie „als Lebensräume, als Habitate. Hölzer und Rinden, die Räume für die Kleinlebewesen bieten. Die Farben, die sie ihnen gibt, betonen die Veränderungen der Strukturen durch Verwitterungsprozesse.“
Botanische Zeichnungen
Im hinteren, kleineren Raum der Galerie finden sich die botanischen Zeichnungen, die mittels Aquarellfarben koloriert wurden. Inspiert zu dieser Serie wurde Elena Timtschenko von der Bundesgartenschau 2021 in Erfurt. Die Pflanzen wurden mittels Aquarellfarben und Graphitstift gezeichnet. Was für mich diese Arbeiten so anziehend macht, ist die Aura und Poetik, die von ihnen ausgeht. Sie verbreiten eine angenehme Stimmung der Ruhe, eine meditative Atmosphäre, die den Betrachter ganz für sich einnimmt. Diese Atmosphäre entsteht durch das Wechselspiel von Sehen, Beobachten und Zeichnen, dem Wechselspiel zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem und damit Erlebbarem. Es ist wieder einmal das NichtPlakative und NichtGesagte, was uns Betrachter ganz überzeugt.
Aquarelle
Kommen wir jetzt noch abschließend zum dritten Teil der Ausstellung: den traditionellen Landschaftsaquarellen der Künstlerin zu sprechen. Das Wort „Aquarell“ stammt aus dem 18. Jahrhundert von dem veralteten italienischen Substantiv „acuarella“ bzw. „aquarello“ und von dem lateinischen Adjektiv „aquarius“ – zu deutsch: Wasser. Das Aquarell zeichnet sich besonders durch fließende Farben und weiche Übergänge aus. Es sind oft Arbeiten voller Atmosphäre und Leuchtkraft auf speziellem Papier. Das Aquarell erlaubt es seinem Schöpfer, Farbigkeit und Formen aufzulösen oder abzugrenzen. Die Transparenz und die zufällige Art, wie sich die nassen Farben bewegen, machen das Aquarell an sich bei den Menschen so beliebt sowie ihre leuchtende Farbigkeit. Elena Timtschenko erreicht beim Aquarellieren durch den Einsatz von viel Wasser, dass sich die Pigmente schön verteilen und wundervolle Farbverläufe entstehen. Auch die Aquarellmalerei will gekonnt sein, denn diese ist aufgrund ihrer Unberechenbarkeit schwierig. Wässrige Pigmente fließen unter Umständen, wohin sie wollen, was ihre Kontrolle erschwert und sobald die Pigmente getrocknet sind, ist die Fehlerkorrektur so gut wie unmöglich. Das heißt: das Erreichen des gewünschten Gleichgewichtes zwischen Wasser und Pigment erfordert jahrelange Übung. Ein ganz famoser und wichtiger Klassiker ist diesbezüglich der Österreicher Oskar Kokoschka. Auch in dieser Technik versteht sich Elena Timtschenko gekonnt. Ich glaube sagen zu dürfen: Wir haben nichts anderes erwartet und sehen der weiteren Entwicklung dieser famosen Künstlerin mit großer Neugier entgegen.
Text: Dr. Claus-Peter Böhner-Fery
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