07.03. – 20.09.2025
Kunst aus 3 Jahrzehnten – Bildende Kunst, Baukunst und Kunst am Bau als Einheit:
Die Sammlung & Galerie Böhner im Koros Haus Mannheim
Das Koros Haus
Meine sehr geehrten Damen & Herren, liebe Künstler*innen, liebe Kunstfreunde, ich darf Sie recht herzlich begrüßen zu unserer ganz besonderen Ausstellung der Sammlung & Galerie Böhner unter dem Titel KUNST AUS DREI JAHRZEHNTEN in unserem Jubiläumsjahr 30 JAHRE GALERIE BÖHNER. Pünktlich zum 30igsten haben wir mit unserem langjährigen Kooperationspartner – der internationalen Bechtle AG – in Mannheim neue Räumlichkeiten bezogen und zwar hier im KOROS Haus, einem kernsanierten und unter Denkmalschutz stehenden Geschäftsgebäude aus den 70er Jahren, einem architektonischen Glücksfall (Architekt Helmut Striffler, 1927-2015), das seinesgleichen sucht und uns Einblicke aus einer ganz anderen Zeit der Architektur gewährt. Ich jedenfalls bin begeistert davon, wie weit die besondere Architektur damals ihrer Zeit voraus war, so dass man sich auch heute noch an der Kunst des Bauens aus dieser Zeit erfreuen kann. Man muss sich nur unten im Foyerbereich die futuristisch anmutende Treppe samt Beleuchtung anschauen. Mal ehrlich: Hätten Sie diese Konstruktion mit den 70er Jahren in Verbindung gebracht? Ich fühlte mich bei dem Anblick eher an das Raumschiff Enterprise erinnert. Und so gibt es in diesem Gebäude einiges zu entdecken. Das Foyer in seiner Größe bietet aber auch der Kunst Möglichkeiten, von denen landläufige Galerien nur träumen können. Hier bekommen sehr großformatige Skulpturen den Raum, den sie benötigen, um ihre Wirkung vollkommen zu entfalten. Auf der 3. Etage – hier bei Bechtle – kommen dann kleinformatige Skulpturen als auch bildnerische Arbeiten zu ihrem recht.
Der Kunstmarkt – Neue Wege
Meine Damen und Herren, der Kunstmarkt und damit einhergehend die Präsentation und Vermittlung von Kunst unterliegt schon seit Jahren einem Strukturwandel wie viele Bereiche unser Wirtschaft und Gesellschaft. In den kommenden 20 Jahren wird die Zahl der Galerien weiter rasant abnehmen aus unterschiedlichen Gründen. Zum einen werden die Mieten weiter steigen, so dass es für Galeristen immer unwirtschaftlicher wird, einen entsprechenden Betrieb zu führen, zum anderen wird sich das Interesse der Besucher verändern, in welche Richtung, das wird man sehen und dieses hier heute Abend detaillierter zu analysieren würde zu weit führen. Nur so viel: Galerien müssen neue Wege gehen. Wir müssen mit unserer Kunst dorthin gehen, wo sich das Leben abspielt, wo die Menschen einen Großteil ihrer Zeit verbringen und das ist nun einmal der Arbeitsplatz als Ort von Handel und Wandel als Ort der Begegnung und Kommunikation. Dieses Konzept haben wir hier in der Metropolregion als einer der ersten Ausstellungsbetriebe ganz konsequent verfolgt, u.a. mit renommierten Partnern wie Ernst & Young, Prof. Homburg & Partner oder wie jetzt schon im 23. Jahr mit dem IT Systemhaus Bechtle zunächst ab 2002 in der Mallau und jetzt zentral in der City gegenüber dem Planetarium. Also nochmal: die Kunst muss sich in den nächsten Jahren mehr denn je zu den Menschen hin bewegen; sie kann nicht darauf warten, dass die Menschen dieses von alleine tun. Das wird nicht funktionieren. Wie heißt es doch so treffend seit Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Und um das zu beschleunigen, die notwendige Veränderung, bleiben wir nicht stehen, ruhen uns auf dem bisher Erreichten nicht aus, sondern haben den Blick immer nach vorne gerichtet, um offen zu bleiben für Neues im Bereich der Kunstpräsentation und Kunstvermittlung. Neben unseren langjährigen Besuchern wissen das sowohl die Wirtschaft als auch die Verwaltung der Stadt Mannheim zu schätzen, wie uns ein Grußwort zum 30. Bestehen der Galerie Böhner des Mannheimer Oberbürgermeisters Christian Specht bestätigt. Wir können also davon ausgehen, dass von unseren Bemühungen auch die öffentlichen und gesellschaftlichen Institutionen um uns herum Notiz nehmen.
Die Sammlung
In der Eröffnungsausstellung der Galerie Böhner im Koros Haus präsentieren wir Ihnen einen kleinen Ausschnitt aus unserer privaten Sammlung, die wir in 30 Jahren zusammengetragen haben.
Wir – das sind in diesem Falle mein Kollege Gerold Maier als auch meine „Wenigkeit.“ Eine Galerie, die Ausstellungen organisiert, internationale Messen besucht, ein Art-Online-Magazin betreibt wie das www.kunst-spektrum.de sowie eine Edition für Kunstkataloge kann man nicht alleine führen. Dafür braucht es Partner und Kollegen, die mit Rat und Tat und Ideen dabei sind – und das Projekt gemeinsam Projekt nach vorne bringen.
Kunst sammeln kann man aus unterschiedlichen Motivationen und unter unterschiedlichen Gesichtspunkten: Man kann themenzentriert sammeln, epochenzentriert, man kann verschiedene Künstler*innen sammeln, man kann nach Formen und Farben sammeln, den Schwerpunkt auf Bilder, Skulpturen oder auf Graphik legen und so weiter und so fort.
Wir haben primär aus dem ausgesucht, was wir ausgestellt haben. Oder anders formuliert: Wir haben überwiegend für unsere Sammlung das ausgewählt aus unseren Ausstellungen, was uns gut gefallen hat und unserem Geldbeutel entsprach. Deshalb spiegelt unsere Sammlung so etwas wie einen Querschnitt der Kunst wider, die wir gezeigt haben. Auch wenn unsere Kunstlager so langsam aus den Nähten platzen und auch die privaten Räumlichkeiten mehr denn je einem Kunstlager gleichen, kann man als „Sammler“ – trotz Vorsatz – nicht davon lassen, weil es einfach so viel Schönes und wirklich Originelles gibt – was dazu auch noch bezahlbar ist – und es in der Tat eine Schande wäre, einfach achtlos daran vorbei zu gehen. Und ich sage immer: Wenn wir Galeristen einmal nicht mehr kaufen, wer soll es denn dann noch machen bitte schön…
Das nun zum Thema Sammlung und Motivation.
Zwei Bildhauer*innen aus der Region
Meine Damen & Herren, heute Abend möchte ich Ihnen noch zwei besondere Künstler*innen aus der Region vorstellen, die bekannt sind für ihr ausgezeichnetes Werk, zwei Bildhauer*innen, die mit unterschiedlichen Materialien arbeiten: Gerdi Gutperle aus Hirschberg hier im Foyer mit großen farbigen Metallskulpturen vertreten und kleineren Kermaiken in der 3. Etage der Galerie sowie Philipp Wagenmann aus Mannheim mit großformatigen Holzarbeiten im Foyer und keineren Werken hier oben in den Räumlichkeiten. Beide Künstler arbeiten schon länger mit uns zusammen und ergänzen sich prächtig. Gerade das Foyer bietet ihren Arbeiten den Raum, der ihnen gebührt, um zur vollen Entfaltung zu kommen. Zu den Arbeiten von Gerdi Gutperle und Philipp Wagenmann wird im Anschluß der Kunsthistoriker Helmut Orpel im Detail zu sprechen kommen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit
Text: Dr. Claus-Peter Böhner-Fery
Kunst aus 3 Jahrzehnten – ein eindrucksvoller Ausschnitt aus der Sammlung Böhner bei KOROS in Mannheim – Gerdi Gutperle & Philipp Wagenmann im Foyer mit großformatigen Skulpturen
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir befinden uns hier an einem ganz besonderen Ort, dem ehemaligen ÖVA-Gebäude, das heute „Koros“ genannt wird. Ganz genau habe ich für diese Benennung keine Erklärung gefunden. Der „Koros“ im Ursprung ist eine archaische griechische Jünglingsfigur. Ob dieses Gebäude aber dazu einen Bezug hat, kann ich nicht sagen.
Der Bau wurde 1977 fertiggestellt. Sein Architekt war Helmut Striffler (1927-2015), der in jenen Jahren mit seinen Gebäuden Architekturgeschichte geschrieben hat. Zwei bedeutende Sakralbauwerke in Mannheim zeugen von Strifflers innovativer und spiritueller Auffassung von der Baukunst, nämlich die Trinitatiskirche in den G-Quadraten, ein Gebäude, das heute als Tanzhaus für modernes Tanztheater genutzt wird, und die Evangelische Versöhnungskirche in Mannheim-Rheinau. Zu seinen Hauptwerken Stifflers zählt die Gedenkstätte des ehemaligen KZ-Dachau.
Das Gebäude, in dem wir uns heute befinden, entstand auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Damals war die Arbeitswelt im Umbruch. Die äußere Form: Ein Fassadennetzwerk aus Stahl und Beton. Die innere Struktur postmodern, nach dem Prinzip der Dekonstruktion aufgebaut: Keine klare Trennung zwischen den unterschiedlichen Räumlichkeiten. Man wollte weg von den gesichtslosen Großraumbüros, hin zu einer individuellen Atmosphäre am Arbeitsplatz.
Dies können Sie beim Gang durch die oberen Büroräume, in denen die Werke der Sammlung der Galerie Böhner hängen, die im Laufe der Jahre zusammengetragen wurden, sehr gut nachvollziehen. Die Werke dieser Sammlung fügen sich optimal in das intendierte Ambiente ein, das wie eine Synthese aus Wohn- und Arbeitswelt wirkt.
Von vornherein war Kunst am Bau eingeplant. Dominant in Bereich des Foyers ist der „Regenbrunnen“ des Pfälzer Künstlers Gernot Rumpf. Dieses Kunstwerk war bereits bei der Schlüsselübergabe 1977 vorhanden.
Anfang der 90er Jahre, zur Eröffnung der Skulpturenmeile in der unmittelbaren Nachbarschaft, kam ein weiteres Kunstwerk im Außenbereich hinzu, nämlich die „Windflügel“ des spanischen Stahlbildhauer Amadeo Gabino (1922-2004), eine kinetisch ungegenständliche Stahlplastik, die sich je nach Betrachtungswinkel in ihrer Wirkung verändert.
In dieses Umfeld fügt sich nun die Galerie Böhner mit zeitgenössischer Kunst und zeitgenössischen Präsentationsformen organisch ein. Im Entre das Foyer mit zeitgenössischen Skulpturen – Gerdi Gutperle und Philipp Wagenmann.
Wenn man das Atelier Wagenmanns im Atelierhaus auf der Friesenheimer Insel betritt, ahnt man erst die Dimension seines Werkes. Baumstämme, teils fertig bearbeitet, andere Fundstücke, die noch der Bearbeitung harren, begegnen dem neugierigen Besucher. Versucht man sich einen Überblick zu verschaffen, vollzieht man den Arbeitsprozess über die verschiedenen Stadien hinweg nach.
Die Sensibilität für das Holz ist kennzeichnend für den Lebensweg des Künstlers, der den Beruf des Schreiners erlernt hat und später dann ein Studium als Waldorfpädagoge angeschlossen hat. Er arbeitet gern mit jungen Menschen zusammen, die die künstlerische Ader bei sich entdecken.
In seinen Werken fließen unterschiedliche Aspekte von Inhalt und Form zusammen. Holz ist ein lebendiger Werkstoff, dessen Vorgeschichte sowohl an den Wachstumsspuren als auch an den Narben abzulesen ist. Solche Verweise macht der Künstler sichtbar, ebenso wie die Spuren der menschlichen Hand oder des Feuers, das reinigend wirkt und bisweilen das organische Material in unorganisches, mineralisches verwandelt. Die Metamorphose ist in den Arbeiten Wagenmanns allgegenwärtig. Seine Skulpturen erscheinen nur auf den ersten Blick abstrakt. Auf der anderen Seite sind sie Ausdruck des künstlerischen Formgebungswillens, Vorzeichnungen, nach denen gearbeitet wird, Formen, entweder organisch oder auch expressionistisch wirkend. Wagenmann ist nicht auf die eine Richtung festzulegen.
Seine Arbeiten tragen meistens Titel, deren Bedeutung aber komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint. Diese Titel ergeben sich oft erst im Arbeitsprozesses.
Gerdi Gutperles Arbeiten im Foyer bilden eine Art Gegenpol. Hierbei handelt es sich nicht um Skulpturen im eigentlichen Sinne, sondern um in den Raum hinein erweiterte Malerei. „Tintographiken“, wie die Technik bezeichnet ist, auf dem reflektierenden Metall angebracht, sodass sie trotz der malerischen Leichtigkeit, mit dem sie aufgetragen sind, auch im Freien aufgestellt werden können.
Entstanden sind diese Arbeiten vor etwa 16 Jahren. Farblich entsprechen sie ganz dem Stil vieler ihrer Gemälde. Ähnlich wie dort das Orange, das frische Grün, das an die Vegetation südlicher Länder denken lässt, Spanien zum Beispiel, wo Gerdi Gutperle die Kunst der Keramik erlernte. In der dritten Etage können Sie einige Kostproben davon erleben.
Durch die wundervollen, tiefschichtigen Glasuren entstehen feinen Farbnuancen. Die Anlagen erinnern an archaische Säulen, eine Symbolik für das Wachstum. Pflanzenformen und Architektur verschmelzen hier zu vielgliedrigen Gebilden.
Diese Keramischen Arbeiten sind teilweise Bestandteil der Sammlung Böhner. Es ist unmöglich, über jede und jeden der dort ausgestellten Künstlerinnen und Künstler etwas zu sagen. Lassen wir es dabei, einige Bespiele zu nennen, die pars per totem für das Ganze stehen.
Da wären zum einen die unterschiedlichen Stilrichtungen in der Malerei, wie zum Beispiel die Arbeiten von Eckhardt Besuden, der sich in keines der gängigen Klischees pressen lassen möchte. Jedes einzelne seiner Werke sei für ihn ein in sich geschlossener Kosmos. Er liebt den gestisch betonten Pinselduktus und die klaren Farben. In seinen Bildern verschmelzen, wie bei jedem guten Maler, Figuration, Abstraktion und Informel zu einem übergangslosen Ensemble.
An Farbfeldmalerei lassen die Arbeiten von Arthur Jehle aus Liechtenstein denken. Sie wirken durch die Strahlkraft der Farbe monumental. Besonders von den Rot- und Schwarztönen geht eine geheimnisvolle Magie aus.
An die Bildsprache der modernen Klassik hält sich die aus Polen stammende Malerin Elisabeth Kopinska, die mit mehreren repräsentativen Werken in der Sammlung vertreten ist. Die Oberfläche wirkt dabei sehr haptisch und wird, wie man bei näherem Hinsehen erkennt, mit unterschiedlichen Werkzeugen bearbeitet.
Carry van Delft orientiert sich dagegen an der spätimpressionistischen Malerei und lässt die Konturen ganz verschwimmen. Durch ihre Zeichnungen begeisterte Waltraud Gemein die Besucher der Ausstellung in der Galerie. In der Sammlung ist sie ebenfalls mit mehreren ihrer hintersinnigen Cartoons vertreten.
Wie gesagt, es gibt noch einige mehr Künstler und Künstlerinnen in der Ausstellung.
Humorvolle, bisweilen witzige Akzente tragen die Kleinskulpturen in der Ausstellung bei. Sie sind ideal für den Wohnbereich und können flixibel aufgestellt werden. Die zeichenartig konzipierten Skulpturen der Österreicherin Edeltrude Arleitner, die beflügelt und beschwingt daherkommen – impulsgebend für den geplagten Büromenschen, oder die aus Büchern komponierten Objekte von Florence Hoffmann aus Luxemburg. Andrea Flätgen arbeitet mit Beton und ist hier mit einer Aktfigur vertreten.
Eine geheimnisvolle Energie strahlen die an archaische Artefakte erinnernden Reliefs aus, die von der belgischen Bildhauerin Martine Magritte geschaffen wurden. Sie ist eine Großnichte des berühmten gleichnamigen Surrealisten.
Wie bereits angemerkt gilt es noch zahlreiche Künstler und Künstlerinnen zu entecken in der gekonnt zusammengestellten Ausstellung KUNST AUS 3 JAHRZEHNTEN der Sammlung & Galerie Böhner in Mannheim. Eine ganz besondere und zugleich sehr persönliche Ausstellung der Galeristen Claus-Peter Böhner-Fery und Gerold Maier, die damit gewissermaßen das Jubiläum der Galerie 30 JAHRE GALERIE BÖHNER (1995-2025) einleitet. Man ist schon jetzt sehr gespannt auf die weiteren Ausstellungen, die in diesem Jahr noch folgen werden.
Text: Dr. Helmut Orpel
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