Linde Ross 2021

24.04. – 10.06.2021

Schwetzinger Straße 91
D-68165 Mannheim
Mobil:
+49 (0) 177 400 6 222
Öffnungszeiten:
Dienstag-Freitag: 15-19 Uhr, Samstags: 11-15 Uhr sowie nach Vereinbarung




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Meine sehr geehrten Damen & Herren,

in der aktuellen Einzelausstellung der Galerie Böhner in Mannheims Schwetzinger Vorstadt sind „Spirale-Bilder“ und „Gehörte Bilder“ von Linde Ross zu sehen. Linde Ross ist den kunstinteressierten Mannheimern keine Unbekannte mehr, hat sie doch schon wiederholt als Stammkünstlerin bei Böhner in Mannheim ausgestellt, so zum Beispiel Arbeiten aus den Zyklen „Kuhgesichterstiergesichter“ und „Scheinblüten.Hortensien“. Darüber hinaus präsentiert die Galerie Böhner immer wieder Werke der Künstlerin auf internationalen Kunstmessen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, zuletzt 2020 auf der renommierten Art Karlsruhe.

Linde Ross arbeitet themenzentriert. Es sind zwei Themen („Kuhgesichterstiergesichter“ und „Gehörte Bilder“), die sie über lange Zeiträume verfolgt. Die Arbeit an den Langzeitthemen unterbricht sie gelegentlich, um sich anderen Themen zuzuwenden. So entstehen zwischendurch neue Zyklen („Hortensien.Scheinblüten“ und „Spirale-Bilder“). Alle Zyklen beeinflussen einander, und so entwickeln sich die Zyklen und die ihnen zugrundeliegenden ästhetischen Systeme über Jahrzehnte weiter.

Linde Ross ist mit ihren Arbeiten Vertreterin der konkreten und der konstruktivistischen Kunst. Die künstlerische Auseinandersetzung mit mathematischen bzw. geometrischen Phänomenen ist und bleibt aktuell, seit Mondriaan, Malewitsch und Kandinsky als erste die Mathematik bzw. geometrische Formen zum Gegenstand von Kunstwerken gemacht haben. Diesen Kunstschaffenden hat Linde Ross sich zugesellt. Zu ihnen gehören auch ihre Favoriten Erwin Heerich mit seinen geometrischen Skulpturen in Stein und Metall und Heijo Hangen mit seinen malerischen Modulkonstruktionen. Verwandtschaften lassen sich auch aufspüren zu einigen Skulpturen von Donald Judd, der Lasureffekte mit malerischen Wirkungen erzielt hat, indem er farbiges transparentes Plexiglas auf ausdrucksvoll gemaserte Holzflächen (Sperrholzskulpturen) und andere Materialien aufgelegt hat.

Diese Effekte lassen sich vergleichen mit den Hintergründen der Spirale-Bilder von Linde Ross, in denen sie über lebhaft strukturierte graue Flächen farbige Lasuren legt. Zu diesen Hintergründen kontrastieren die im Bild sichtbar gelassenen strengen Konstruktionszeichnungen mitsamt der Spirale. Die Spirale-Bilder sind geometrische Malerei. Es ist immer die Spirale, die dargestellt und die in jedem Bild neu konstruiert ist.

Zur Konstruktion der Spirale bedient sie sich nicht der Gleichung, die der Goldenen Spirale zugrundeliegt, sondern der von Leonardo von Pisa (einem großen Mathematiker aus dem 13. Jh., posthum Fibonacci genannt) entdeckten naturgesetzlichen Zahlenreihe. Die Zahlenreihe ist bekannt geworden als Fibonacci-Zahlen, und sie ist vielfach in der Natur aufzufinden. Was die Fibonacci-Zahlen für bildende Künstler interessant macht, das ist hauptsächlich die Nähe der Zahlenreihe zum Goldenen Schnitt, und dass mit der Konstruktion der Spirale als Nebenergebnis gleichzeitig ein goldenes Rechteck entsteht.

In einem der beiden vorderen Räume und im hinteren Raum der Galerie sind die „Spirale-Bilder“ zu sehen, darunter zwei Triptychen, „Spirale III“ und „Sprirale XIV“. Diese dreiteiligen Arbeiten lassen sich variabel zusammensetzen, so dass durch unterschiedliche Kombinationen neue Bilder entstehen.Hier kann der Sammler quasi durch sein Tun zum „Künstler“ werden – zumindest aber zum „Regisseur“.

Bei jedem einzelnen Bild aus dieser Werkgruppe lassen sich verschiedene Ebenen ausmachen, wobei sich zeichnerische und malerische Ebenen sehr gut voneinander unterscheiden. Bei manchen Bildern ist der Malgrund monochrom Gelb, Grün oder Türkis angelegt, bei anderen dominieren Grauwerte. Die informell gestalteten Hintergründe bilden zwar einen starken Kontrast zur konstruktiven Ebene, aber sie durchdringen einander. Bei dem, was Linde Ross so subtil auf der Leinwand inszeniert, geht es ihr immer um die Spirale, die zur Gesamtheit eines Bildes farblich kontrastiert, die die Komposition zusammenhält und damit ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Wahrnehmungsebenen herstellt.

Im zweiten der vorderen Räume sind Beispiele aus der Werkgruppe „Gehörte Bilder“ zu sehen. Die Verbindung von den „Spirale“-Bildern zu den „Gehörten Bildern“ sind die dort sichtbar gelassenen Konstruktionszeichnungen und hier die beiden horizontal verlaufenden Linien, die alle Bilder dieser Werkgruppe aufweisen und die auch andeutungsweise etwas mit Geometrie zu tun haben. Ausgangspunkt des Schaffensprozesses bei den „Gehörten Bildern“ sind unbewusste Prozesse, wie sie sich in den Kritzeleien manifestieren, die beim Telefonieren oder zu anderen Gelegenheiten entstehen, bei denen Stift und Zettel ganz nebenbei zusammentreffen.

Die Werkgruppe in der Ausstellung befasst sich mit nur einer von 71 Zeichnungen (s. Buch „Skizzen aus dem Unbewussten“, Zeichnung „An seidenen Fäden“, Seite 38). Es sind farbige Bearbeitungen auf Leinwand, oder anders formuliert: farbige Interpretationen dieser einen Kritzelzeichnung. (Es existieren noch andere Interpretationen von anderen Kritzelzeichnungen.) Die dargestellten Figuren und Figürchen werden gehalten und geleitet durch die beiden horizontalen Linien, die in allen Bildern dieses Zyklus gleich angeordnet sind. Durch die Anordnung der Figuren zueinander fangen diese an, Geschichten zu erzählen. Die Malerin hat jedem Bild einen Titel beigegeben; aber das soll den Betrachter nicht davon abhalten, eigene Titel zu erfinden und eigenen Geschichten Raum zu geben; es bleibt ihm die vollkommene Deutungshoheit. Denn die originale Zeichnung hat, wenn überhaupt, nur einen minimalen Realitätsgehalt und lädt den Betrachter zu assoziativen Deutungen ein.

Dazu schreibt Linde Ross in ihrem Buch „Skizzen aus dem Unbewussten“: „Zunächst erscheinen die Zeichnungen rätselhaft und verschlossen. Auch wenn ihre Formen bizarr sind und irreal wie Träume, immer sind sie poetisch. Manche sind witzig und amüsant, manche komisch und grotesk. Einige kommen ernsthaft bis schwermütig daher. Wieder andere imponieren durch Lebhaftigkeit und Schwung. Bei neugierigem Betrachten dieser halbbewussten Hervorbringungen fällt mir dazu vielleicht etwas ein.“

Der bildnerische Teil der Ausstellung wird, wie es dem Konzept der Galerie entspricht, dekorativ ergänzt durch wenige kleine Skulpturen aus der Privatsammlung der Galerie. Darüber hinaus sind die zwei wunderschönen Kunstbände von Linde Ross in der Galerie zu haben oder über den Buchhandel zu beziehen: Linde Ross „Spirale Quadrate“, Düsseldorf 2014 (ISBN 978 3-00-045021-1) sowie Linde Ross, „Skizzen aus dem Unbewussten – Zeichnungen 1963-2020, Düsseldorf 2021 (ISBN 978 3-00-065589-0).

Text: Dr. Claus-Peter Böhner-Fery


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• 15. März 2021

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